JN.1 als Basis für angepasste Covid-19-Impfstoffe |
Theo Dingermann |
29.04.2024 14:30 Uhr |
Im Anschluss an die reguläre, zweimal jährlich stattfindende Sitzung der »Technical Advisory Group on Covid-19 Vaccine Composition (TAG-CO-VAC)« am 15. und 16. April 2024 gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bekannt, dass derzeit erwartet wird, dass sich die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 ausgehend von der Variante JN.1 weiter entwickeln wird. Aus diesem Grund empfiehlt der TAG-CO-VAC für künftige Auffrischimpfungen monovalente Impfstoffe herzustellen, die als Antigen das Spike-Protein oder die mRNA für das Spike-Protein der JN.1-Linie enthalten.
Basis dieser Entscheidung war die Feststellung, dass ab April 2024 fast alle (> 94 Prozent) der SARS-CoV-2-Gensequenzen in öffentlich zugänglichen Datenbanken von JN.1 abgeleitet sind, und dass diese Varianten weiterhin bestehende XBB-Linienvarianten (zum Beispiel EG.5) verdrängen werden.
In Übereinstimmung mit den WHO-Richtlinien der »Strategic Advisory Group of Experts (SAGE)« sollen Impfprogramme einen Covid-19-Impfstoff verwenden, der von der WHO empfohlen wird. Andererseits sollten notwendige Impfung nicht in Erwartung eines Impfstoffs mit einer aktualisierten Zusammensetzung verzögert werden.
Im Mai 2023 hatte der TAG-CO-VAC die Verwendung monovalenter Impfstoffe empfohlen, die von der XBB.1.5-Variante abgeleitet waren. Diese Empfehlung hatte der TAG-CO-VAC im Dezember 2023 noch einmal erneuert. Jetzt hat sich die Varianten-Prävalenz jedoch so verändert, dass das Expertengremium beschloss, eine aktualisierte Empfehlung auszusprechen.
Zu der Entscheidung beigetragen hat unter anderem die Beobachtung, dass in immunologisch naiven Tier- und menschlichen Seren XBB.1.5 und JN.1 antigenisch unterscheidbare SARS-CoV-2-Varianten sind. Zwar neutralisieren Seren , die von von Tieren und Menschen stammen, die mit einem XBB.1.5-Impfstoff immunisiert worden waren, neben XBB.1.5 auch EG.5, HK.3, HV.1, sowie BA.2.86 und JN.1. Allerdings waren die Neutralisationstiter gegen JN.1 in veröffentlichten und unveröffentlichten Studien in der Regel 2,5-fach niedriger als die gegen das homologe XBB.1.5 immunisierende Antigen. Der Schutz wird noch weiter reduziert, wenn JN.1-Varianten mit F456L- und/oder R346T-Substitutionen vorliegen.
Daher vermitteln die derzeit verfügbaren XBB.1.5-Impfstoffe immer noch einen gewissen Schutz, weshalb sie auch verwendet werden sollten, wenn eine Auffrischimpfung geboten ist. Da jedoch die Schutzwirkung dieser Impfstoffe zwischenzeitlich wegen der evolutionären Weiterentwicklung von SARS-CoV-2 an Robustheit abnimmt, sollten künftige Impfstoffe Antigene enthalten, die von der derzeit dominanten JN.1-Variante abgeleitet sind. Wann diese vorliegen, ist noch unklar. Bei der letzten Anpassung im Mai 2023 dauerte es genau vier Monate, bis entsprechend aktualisierte Covid-19-Impfstoffe zur Verfügung standen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.