75 Jahre Artesan Pharma – Aus dem Wendland für den Weltmarkt

Wie alles begann

Das Unternehmen Artesan wurde 1948 von dem Apotheker und Chemiker Dr. Johannes Hotzel zusammen mit seinen Brüdern gegründet. Dem Firmennamen liegt ein lateinisches Wortspiel zugrunde, das sinngemäß die Kunst des Heilens bedeutet. Begonnen hat die Erfolgsstory am Standort in Jesteburg mit 3 Mitarbeitern. Ursprung war ein Preisausschreiben für die Entwicklung einer fettfreien Theaterschminke. Diese Entwicklung diente später als Grundlage für die Salbenherstellung der Artesan. In den Nachkriegsjahren etablierte sich Artesan zu einem Lieferanten wichtiger Medikamente, wie z. B. zur Behandlung von Krätze.

Zu einem Wechsel in der Firmenleitung kam es im Jahr 1971, als Knut Hotzel, Sohn des Firmengründers, als Vertreter der zweiten Generation, in das Unternehmen eintrat. Knut Hotzel gelang es, seit den 1970er-Jahren ein stetiges Wachstum des Unternehmens sicherzustellen. Seit 1973 ist Artesan im idyllischen Lüchow in Niedersachsen beheimatet. Heute ist Artesan ein geschätzter Partner der internationalen Pharmaindustrie mit einem umfangreichen Produktportfolio (Abb. 1) und einem Umsatzwachstum von circa 10 % jährlich. Am Standort in Lüchow arbeiten täglich mehr als 300 Mitarbeiter unter dem Motto:

„Wir begleiten unsere Kunden von der ersten Idee bis hin zum fertigen Produkt.“

In den 1980er-Jahren suchte die Artesan einen geeigneten Partner zur Weiterentwicklung des Unternehmens. Klosterfrau stieg zuerst mit einer Minderheitsbeteiligung in das Geschäft ein. Seit 1996 ist Artesan eine 100%ige Unternehmenstochter.

75 Jahre Know-how im Bereich feste Formen

Der Produktionsstandort in Lüchow ist heute spezialisiert auf die Herstellung von festen Formen. Dabei bietet das Unternehmen die gesamte Bandreite von der galenischen Entwicklung bis hin zur Herstellung im Produktionsmaßstab sowie ein breites Spektrum an Analytik an. Ein entscheidender Vorteil ist die langjährige Erfahrung mit mehr als 1 000 Arzneistoffen und deren Verarbeitung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auch auf der Verarbeitung von pflanzlichen Arzneistoffen.

Im Fokus: Flexibilität und kundenspezifische Lösungen.

Artesan verfügt über alle Technologien rund um feste Formen – von einfachen Misch-, Press- und Coatingverfahren bis hin zu komplexen Herstellprozessen.

Spezialformen – wie Buccaltabletten, Minitabletten, Retardtabletten, Schmelztabletten, Vaginaltabletten sowie Zwei- und Dreischichttabletten – gehören zur Kernkompetenz des Unternehmenss. Auf 14 Konfektionierungslinien erfolgt die Verpackung in Blistern, Dosen, Flaschen oder Klickspendern.

Hochmodernes Technikum

Als Contract Development and Manufacturing Organization (CDMO) verfügt Artesan über ein hochmodernes Technikum. Im Entwicklungscoater können erste Versuche bereits ab 0,5 kg durchgeführt werden.

Dabei profitieren die Kunden der Artesan von einer flexiblen, modularen Dienstleistungsstruktur. Als kompetenter Partner bietet Artesan kundenorientierte Lösungen entlang der gesamten pharmazeutischen Wertschöpfungskette an. Ein professionelles Entwicklungsteam begleitet den Prozess von der Galenik, Methodenentwicklung und -validierung, Prozessvalidierung, Stabilitätsstudien des International Council for Harmonisation (ICH) usw. bis hin zum marktreifen Produkt.

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Experte für Mehrschichttabletten

Bei der Herstellung von Mehrschichttabletten werden Arzneistoffe in verschiedenen Schichten getrennt voneinander verpresst. Durch die Trennung in Schichten können Wechselwirkungen verschiedener Wirkstoffkombinationen minimiert bzw. eliminiert werden. Des Weiteren können verschiedene Freisetzungsprofile je Schicht erzielt und farblich unterschieden werden.

Artesan verfügt über langjährige Erfahrung in der Herstellung von Mehrschichttabletten und investierte zuletzt 2022 in eine neue Dreischicht-Tablettenpresse.

Lutschtabletten Made in Berlin

Am zweiten Produktionsstandort bei Klosterfrau in Berlin werden im vollkontinuierlichen Kochverfahren täglich mehr als 10 t Lutschtabletten auf Basis von zuckerhaltigen und nicht zuckerhaltigen Formulierungen produziert.

Lutschtabletten bieten dabei vielfältige Möglichkeiten für die Verarbeitung von chemischen und pflanzlichen Wirkstoffen. Im Fokus: Active Pharmaceutical Ingredients (APIs) mit lokaler Wirkung sowie APIs, die über die Mundschleimhaut resorbiert werden.

Von Hustensaft bis Nasenspray

Ebenfalls am Produktionsstandort von Klosterfrau in Berlin hat sich das Unternehmen im Bereich Liquida auf die Fertigung von nicht sterilen Nasensprays, Säfte, Tropfen und Destillaten spezialisiert. Hochmoderne Abfüll- und Verpackungslinien bieten ein breites Spektrum an individuellen Verpackungsmöglichkeiten.

Sterile Einwegspritzen – gemäß der U.S. Food and Drug Administration (FDA) zertifizierte Produktion

Die Produktion steriler, vorgefüllter Fertigspritzen mit einem patentierten Sterilisationsverfahren im Endbehältnis runden das Portfolio am Standort in Berlin ab. Die Abfüllung sowie Endverpackung erfolgt dabei auf modernsten vollautomatisierten Produktionsequipment.

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Flexibler Full-Service-Partner

Neben der Herstellung bietet Artesan an allen Standorten umfangreiche Services an.

„Für den Erfolg in der Auftragsherstellung sind eine hohe Kunden- und Serviceorientierung sowie innovative Lösungen ausschlaggebend“, hebt Stephan Deiß, Vertriebs- und Marketingleiter Artesan, hervor.

Artesan bietet als mittelständiges Unternehmen hohe Flexibilität. Durch flache Hierarchien mit kurzen Entscheidungswegen, kann das Unternehmen schnell auf individuelle Kundenanforderungen reagieren.

Starke internationale Netzwerke

Volatile Märkte, Versorgungsengpässe, unterbrochene Lieferketten, stark schwankende Absatzmengen und viele weitere Faktoren prägten die Branche in den letzten Jahren.

Dem strategischen Einkauf der Artesan ist es gelungen, durch ein umfassendes Risikomanagement die Lieferfähigkeit weitestgehend sicherzustellen. Neben einer agilen Unternehmensführung profitierte Artesan auch von seinen langjährigen internationalen Netzwerken an Lieferanten, Kunden und Dienstleistern.

Investition in grün

Investiert wurde in den letzten Jahren viel bei Artesan – in neue Technologien, Erweiterung der Kapazitäten und Mitarbeitende. In den nächsten Jahren stehen weitere Investitionen in eine CO2-neutrale Produktion durch erneuerbare Energien für die gesamte Unternehmensgruppe im Vordergrund.

Geplant sind Investitionen in eine eigene Stromerzeugung. Wenn es nach Werksleiter Christoph Jordan geht, wird Artesan so perspektivisch zum Kraftwerk der Klosterfrau Gruppe: „Unsere Vision geht weit über unseren Standort in Lüchow hinaus. Wir wollen nicht nur uns vor Ort energetisch unabhängiger machen, sondern Energieüberschüsse möglichst auch anderen Standorten der Gruppe zur Verfügung stellen.“ Ziel ist es, sich als eines der ersten deutschen Pharmaunternehmen vollständig mit erneuerbarer Energie zu versorgen sowie nachhaltig und CO2-neutral zu produzieren.

In einem ersten Schritt wurden dafür bereits eine 1,2 MW-Photovoltaikanlage auf dem Dach des Werkes installiert. In diesem Zuge werden anschließend auch 20 Solartankstellen in Betrieb genommen. Hiermit soll auch für die Mitarbeitenden ein Anreiz zum Umstieg auf E-Mobilität gesetzt werden.

Aber auch für das eigentliche Kerngeschäft sind weitere jährliche Investitionen in neue Maschinen und in den Technologieausbau geplant.

Ein besonderes WIR-Gefühl

„Was mich seit meinem ersten Tag bei Artesan tief beeindruckt, ist dieses stark ausgeprägte Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden sowie die große Identifikation mit der Firma und ihren Kunden“, schwärmt Christoph Klaus, seit 2019 Geschäftsführer in Lüchow.

Tatsächlich fühlt sich Artesan immer noch wie ein mittelständisches Familienunternehmen an. Die Fluktuation ist gering, einige Mitarbeitende arbeiten hier sogar in der zweiten Generation. Teamgeist, flache Hierarchien und eine offene, familiäre Unternehmenskultur prägen das Unternehmen seit Jahrzehnten. Bei Artesan arbeiten Menschen verschiedenster Herkunft in diversen Berufsfeldern. Dabei trägt jeder Einzelne zum Erfolg des Unternehmens maßgeblich bei. Unter dem Credo „Gemeinsam Verantwortung übernehmen – für unsere Kunden, Produkte sowie für unsere Mitarbeiter“ gehen jährlich Millionen Packungen aus dem Wendland in den Weltmarkt.

Auf zu 100 Jahren Artesan Pharma!

Die Sicherung des Fachkräftebedarfs ist eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahrzehnte. „Wir verfolgen hier verschiedene Ansätze. So investieren wir z. B. weiter in mehr Automatisierung, sodass wir unsere Mitarbeitenden effizienter einsetzen können. Parallel legen wir einen noch größeren Fokus auf die Themen Ausbildung und Talent-Management. Wir entwickeln Mitarbeitende auch bereichsübergreifend, um ihnen persönliche Perspektiven zu eröffnen und interne Vakanzen gezielt besetzen zu können.“, fasst Christoph Jordan die Ausrichtung von Artesan zusammen.

Ob als Kunde, Lieferant, Partner, Mitarbeitender oder einfach als interessierter Beobachter: Artesan möchte nicht nur zurückschauen, sondern alle Interessierten einladen, auch die kommenden Meilensteine der Unternehmensentwicklung gemeinsam mit zu erleben.

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Ein Unternehmen der Klosterfrau Group

Im Jahr 1826 gründete die Nonne Maria Clementine Martin ein kleines Unternehmen in unmittelbarer Nähe des Kölner Doms zur Herstellung ihrer Heilmittel. Auf diesem Wege wollte die „Klosterfrau” ihr reiches Wissen über die Heilkräfte der Natur allen Mitmenschen zukommen lassen. Gesundheit und Wohlbefinden für die Menschen zu schaffen, ist und bleibt das anspruchsvolle Ziel der Aktivitäten der Klosterfrau Group.

Und noch heute hat die Klosterfrau Group ihren Firmensitz in Köln und ist ein modernes und fortschrittliches Unternehmen mit weitreichender Tradition.

Eine Vielzahl an Produkten und Darreichungsformen werden heute an den Produktionsstandorten der Gruppe in Deutschland produziert. Darunter starke Marken wie Soledum®, Bronchicum®, neo-angin®, Klosterfrau Melissengeist, nasic®, Instillagel® und VESOXX®.

Die Klosterfrau Group bildet das gemeinsame Dach für 5 starke Geschäftsbereiche: Medizintechnik, Lohnherstellung, Selbstmedikation, Schönheitspflege und Süßstoffe. Diese Geschäftsbereiche sind jeweils führend und international aufgestellt. Ihre Produkte und Dienstleistungen werden auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse, aktueller Technologien und umfangreicher Forschung kontinuierlich weiterentwickelt.

Die Werte, die bereits vor 200 Jahren für die Gründerin Maria Clementine Martin entscheidend waren, nämlich Unternehmertum, Verantwortung, Helfen sind heute genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger. Aus diesem Grund werden diese Werte auch heute in der Organisation, im Team und von den Menschen innerhalb der Klosterfrau vorgelebt. Das Traditionsunternehmen überträgt die Vergangenheit und die Historie in die Moderne und bewahrt auf diese Weise, die positiven Dinge. Inzwischen arbeiten etwa 1 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 17 Standorten für die Klosterfrau Group.

Korrespondenz:

Artesan Pharma GmbH & Co. KG
Wendlandstraße 1
29439 Lüchow (Germany)
E-Mail: info@artesan.de
www.artesan.de

pharmind 2023, Nr. 9, Seite 864