SCHOTT - Neuer Maßstab für Prozessqualität bei Pharmaglasröhren
Bei der Qualitätskontrolle zählt jedes Detail. Das gilt v. a. auch bei Spezialglasröhren zur Herstellung von pharmazeutischen Primärpackmitteln, wie Ampullen, Fläschchen, Karpulen oder Spritzen. Denn produktionsbedingte Schwankungen in der Rohrgeometrie können einen erheblichen Einfluss auf die Geometrie des Primärpackmittels und damit auf Sicherheit und Zuverlässigkeit des Medikaments haben. Zum Beispiel können Innendurchmesserschwankungen des Packmittels die Dosiergenauigkeit hochkonzentrierter Arzneimittel beeinträchtigen. Bislang haben Hersteller von Glasröhren kritische Qualitätsparameter i. d. R. auf Basis von Stichproben selbst überwacht. SCHOTT hat mit dem perfeXion™-Prozess nun einen neuen Qualitätsstandard für die Produktion von FIOLAX®-Pharmaglasröhren entwickelt. Dabei werden die Glasröhren, die später zu einem medizinischen Primärpackmittel weiterverarbeitet werden, auf ganzer Länge mit hochpräzisen Messsystemen vermessen und anschließend bewertet. SCHOTT setzt damit bereits am Beginn der Wertschöpfungskette an und ermöglicht den nachfolgenden Prozessschritten eine bessere Ausgangsqualität.
Anforderungen des Marktes
Hersteller von Pharmaverpackungen müssen immer höhere Qualitätsstandards und Dokumentationspflichten erfüllen und gleichzeitig dem steigenden Kostendruck des Gesundheitswesens standhalten. Glasrohre mit präziser Geometrie und hoher kosmetischer Qualität sind heute selbstverständlich, um Ausbeuteverlust in der Packmittelfertigung zu verringern. Neben der Qualität der Rohstoffe spielt insbesondere die Qualitätsüberwachung und -sicherung eine große Rolle. Das kann nur durch eine ganzheitliche Betrachtung der Qualität in der Pharmaglasproduktion geschehen, z. B. indem das Rohr mit höherer Prüfpräzision und höherer Prüffrequenz inspiziert wird, was die Erkennung, Beurteilung und damit die Vermeidung von Fehlern signifikant verbessert.
FIOLAX®-Glasrohre als Qualitätsgarant
Glas hat sich im Laufe der Jahre als das am häufigsten verwendete Material für primäre Verpackungen für injizierbare Medikamente etabliert, denn dank seiner chemischen Zusammensetzung und der dichten, glatten, nicht porösen Oberfläche ist es noch bei Temperaturen von bis zu 500° C extrem stabil, kann sehr leicht sterilisiert werden, ist absolut gasdicht und widersteht hohem Innendruck. Darüber hinaus ermöglicht die transparente Beschaffenheit des Glases eine einfache Kontrolle sowohl des Behälters als auch des Inhalts. Abgesehen von der chemischen Stabilität ist ein wichtiges Maß für die Eignung eines Glases für pharmazeutische Behälter die Wasserbeständigkeit. Heute werden Gläser in die hydrolytischen Klassen I bis III unterteilt. Die hydrolytische Klasse oder auch hydrolytische Resistenz eines Glases ist das Maß für die Extrahierbarkeit basischer Verbindungen aus dem Glas durch den Angriff von Wasser bei 98° C. Die hydrolytische Klasse ist auch Grundlage für die Einteilung von Glasarten für die pharmazeutische Verwendung nach dem Europäischen Arzneibuch.
Einen großen Schritt in Richtung eines stabilen Glaspackmittels machte Dr. Otto Schott 1885, der systematische Untersuchungen an Gläsern durchführte und die Borosilikatgläser entwickelte. Glas dieser Klasse enthält wesentliche Mengen an Bor-, Aluminium- oder Erdalkalioxiden und besitzt sowohl eine große Resistenz gegen Temperaturschock als auch die höchste hydrolytische Resistenz. Es weist gegenüber sauren und neutralen Lösungen eine sehr gute chemische Beständigkeit auf, aufgrund des geringen Alkaligehalts auch gegenüber alkalischen Lösungen. Die Wasserbeständigkeit seines Borosilikatglases war 30- bis 50-mal besser als die der anderen Gläser, die zu diesem Zeitpunkt verwendet wurden.
1911 entwickelte Otto Schott mit FIOLAX® ein speziell für pharmazeutische Verpackungen optimiertes Borosilikatglas. Er stellte damit ein Spezialglas für die hohen Ansprüche der Pharmaindustrie bereit und schuf eine durchgängig sichere Verpackung für sämtliche Arzneimittel im Pharmamarkt. Aufgrund ihrer hohen hydrolytischen Beständigkeit erhalten FIOLAX®-Glasröhren die Wirksamkeit der Medikamente und senken die Risiken für Interaktionen mit dem Packmittel auf ein Minimum (Abb. 1). Als Typ-I-Gläser (Typ I Klasse B, gemäß ASTM E438 Standard) erfüllen sie alle Vorgaben der aktuellen Arzneibücher in Europa, den USA und Japan. FIOLAX® braun bietet darüber hinaus wirksamen Lichtschutz für lichtempfindliche Arzneimittel.
Abbildung 1
Mit perfeXion™ in Richtung Null-Fehler-Philosophie
Neben dem Rohstoff Glas spielt der Produktionsprozess eine entscheidende Rolle, wenn es um die Frage der finalen Rohrqualität geht. Dabei wird Pharmaglas in Röhrenform gezogen, wenn es aus der Schmelze kommt. SCHOTT sowie andere qualitätsorientierte Packmittelhersteller verwenden diese Rohre später, um Ampullen, Fläschchen, Spritzen und Karpulen zu produzieren. Die Herausforderung liegt in der Überwachung und Messung der gekrümmten Rohroberfläche mit 100%iger Genauigkeit in einem Hochgeschwindigkeitsproduktionsprozess. Hier hat SCHOTT den perfeXion™-Prozess entwickelt, der aus mehreren Komponenten besteht (Abb. 2). Dabei wird die umfassende Qualitätssicherung der Rohre durch die Verwendung einer Kombination aus Zeilen- und Flächenkameras, Lasern und IR-Inspektionssystemen erreicht, die sämtliche Glasröhren online untersuchen. Die Messdaten werden anschließend gesammelt und durch eine gesamtheitlich miteinander verbundene IT-Lösung bewertet. Das System erkennt an den Glasröhren, die aus der Schmelze kommen, auch kleinste Fehlerstellen und stellt das Ausschleusen fehlerhafter Ware sicher. Dieses ausgeklügelte System ermöglicht es, das Qualitätsniveau auf die spezifischen Bedürfnisse der Industrie anzupassen. Durch das Speichern der gesammelten Qualitätsinformationen in einer Datenbank, können Qualitätsdaten, wenn nötig, auch Jahre später zurückverfolgt werden. Damit steht der perfeXion™-Prozess für den Übergang von der statistischen Qualitätskontrolle zu 100%-Echtzeit-Inspektion jedes einzelnen FIOLAX®-Rohres. Sie führt zu einem höheren FIOLAX®-Produktstandard und ermöglicht darüber hinaus maßgeschneiderte Dimensions- und Kosmetikqualität von Glasrohren für spezifische Verpackungsanforderungen.
Abbildung 2
Mit Experten entwickelt
Diverse Inspektions- und Messsysteme, die an unterschiedlichen Positionen des Herstellprozesses unterschiedliche Qualitätsparameter überwachen, wurden mit externen Experten entwickelt und auf die Bedürfnisse der SCHOTT Pharmaglasproduktion abgestimmt. Alle Qualitätsinformationen werden in einer Datenbank gespeichert und zur weiteren Verbesserung des Produktionsprozesses genutzt.
Der neue Maßstab für Prozessqualität
perfeXion™ steht für den Wechsel von statistischer Qualitätskontrolle hin zu einer 100%-Inspektion eines jeden FIOLAX®-Einzelrohres. Durch das Zusammenspiel verschiedener Online-Inspektionsgeräte und einer integrierten Datenerfassung und -auswertung gelingt es, Qualitätsparameter des Ausgangsrohres optimal an das daraus zu fertigende Containerformat (Spritze, Karpule, Fläschchen oder Ampulle) kundenindividuell anzupassen. Für Kunden ergeben sich daraus etliche Vorteile.
Präzisere Geometrie
Zum Beispiel erleichtert eine konstantere Wanddicke des Ausgangsrohres einen genaueren Heißformgebungsprozess an kritischen Containerbereichen wie etwa dem Rollrand bei Fläschchen oder Konus und Flansch bei Spritzen. Eingeengte Innendurchmesser des Ausgangsrohres sichern bei Karpulen und Spritzen gleichmäßige Stopfengleitkräfte. Zudem unterstützen sie die Dosiergenauigkeit insbesondere bei hochkonzentrierten Injektabilia in Mehrfach-Dosier-Systemen.
Bessere kosmetische Qualität
Eine lückenlose kosmetische Kontrolle jedes einzelnen Glasrohres über seine gesamte Länge reduziert zudem Ausbeuteverluste in der kamerakontrollierten Primärpackmittelherstellung, aber auch am Ende der Wertschöpfungskette bei der optischen Kontrolle des befüllten Containers. Darüber hinaus kann die Detektion und das Ausschleusen innenliegender offener Blasen beim Ausgangsrohr insbesondere für Karpulen und vorfüllbare Spritzen zu einer verbesserten Dichtigkeit des Packmittels beitragen, indem Kapillar- bzw. Bypass-Effekte verhindert werden können.
Zahlen, Daten & Fakten
Aufgrund der im Fertigungsprozess online und in Echtzeit erhobenen Prozess- und Produktqualitätsdaten sowie deren Überführung in ein industrieübliches Datenmanagementsystem (PI-Datenbank) steht bereits jetzt eine erheblich höhere Datentiefe zur Berechnung statistischer Zertifizierungsdaten zur Verfügung. Erstmals werden somit Einzelrohrdaten zur Steuerung und zur Stabilisierung der Fertigungsprozesse in der Rohrfertigung eingesetzt. Damit wird es möglich, nachgelagerte Verarbeitungsprozesse effizient an der Rohrqualität auszurichten.
Zukunftsorientierte Qualitätsstrategie
SCHOTT Tubing hat den perfeXion™-Prozess bereits an sämtlichen FIOLAX®-Produktionslinien in Europa implementiert. Ein Roll-out an weiteren Standorten des Unternehmens in Südamerika und Asien ist bereits in der Umsetzung. Für SCHOTT ist dies ein wichtiger Meilenstein im Rahmen der zukunftsorientierten Qualitätsstrategie. Mit perfeXion™ macht SCHOTT so einen wichtigen Schritt hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung der Qualität in der Pharmaglasproduktion. So wird künftig jedes Rohr mit höherer Prüfpräzision und höherer Prüffrequenz inspiziert als es in der Branche Standard ist, was die Erkennung, Beurteilung und damit die Vermeidung von Fehlern signifikant verbessert. Schließlich ist es das erklärte Ziel durch immer besseres Pharmaglas immer bessere Verpackungslösungen für Medikamente zu ermöglichen. Jedes Jahr produziert der internationale SCHOTT-Konzern mehr als 140 000 Tonnen Glasrohre und mehr als 10 Mrd. pharmazeutische Behälter, wie Ampullen, Fläschchen, Spritzen und Karpulen.
Korrespondenz:
Folker Steden
Director Product Management & Scientific Services
SCHOTT AG
Erich-Schott-Str. 14
95666 Mitterteich (Germany)
Tel.: +49 (0)9633/80-0
e-mail: folker.steden@schott.com
www.schott.com