Statements der Verbände
Dr. Martin Weiser |
Die Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH) blicken mit Spannung auf das Jahr 2016. Das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, die europäische Medizinprodukteverordnung sowie das „Vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ (4. AMG-ÄndG) sind nur einige Themen, die den BAH in diesem Jahr beschäftigen werden. Zudem wird voraussichtlich die Diskussion zu einer neuen Pharma-Gesetzgebung mit der Änderung sozialrechtlicher Vorschriften an Fahrt aufnehmen.
Gleich im Januar findet die vierte und abschließende Gesprächsrunde des Pharmadialoges statt. Zu den ressortübergreifenden Gesprächen hatte die Bundesregierung im Herbst 2014 eingeladen. Neben dem BAH sind hieran auch die anderen Herstellerverbände, die Gewerkschaft IG BCE sowie die Wissenschaft beteiligt. Im Mittelpunkt der gemeinsamen Aktivitäten der Herstellerverbände steht die Verbesserung der wirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen für Arzneimittel-Hersteller. Der BAH setzt sich dabei insbesondere für die Interessen seiner mittelständischen Mitgliedsunternehmen ein.
Antibiotika im Fokus
Ein weiteres Thema im Pharmadialog war die Zunahme an resistenten bakteriellen Krankheitserregern sowie die damit einhergehenden fehlenden Therapiemöglichkeiten. Antibiotikaresistenzen stellen bereits heute eine große globale Herausforderung dar und werden die Gesellschaft auch weit über das Jahr 2016 hinaus beschäftigen. Eine Unterarbeitsgruppe, der auch der BAH angehört, diskutierte verschiedene Lösungsansätze und Anreizsysteme. Im Fokus standen eine verstärkte Forschungsförderung, bessere Kooperationen von Wissenschaft, Industrie und Regulierern, des Weiteren eine effiziente Ausbildung, Aufklärung und Diagnostik.
Gemeinsam mit der Politik sollten wir nun der Fragestellung nachgehen, wie das vorhandene Potenzial von Wirkstoffen besser untersucht und genutzt werden kann. Außerdem wird auch darüber zu sprechen sein, wie bestehende Vergütungs- und Erstattungsregelungen angepasst werden sollten. Auch im Jahr 2016 wird der BAH hierzu Lösungsstrategien diskutieren mit dem Ziel, Antibiotikaresistenzen zu verringern und dem Patienten eine wirksame Therapie zu bieten.
Weiterentwicklung von bekannten Wirkstoffen
Ein weiteres wichtiges Anliegen sind dem BAH verbesserte Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung bekannter Wirkstoffe, etwa im Hinblick auf altersgerechte Darreichungsformen und Dosierungen. Denn ein undifferenziertes Festbetragssystem, Rabattverträge und das Preismoratorium behindern die Marktchancen dieser für die Patienten wichtigen Schrittinnovationen. In diesem Zusammenhang fordert der BAH, die sogenannten PUMA-Arzneimittel – ähnlich wie Orphan Drugs – von der Frühen Nutzenbewertung freizustellen. Denn mit der PUMA-Zulassung ist der besondere Nutzen dieser Arzneimittel für Kinder bereits erwiesen.
Der Pharmadialog der Bundesregierung wird im April 2016 mit einer Veranstaltung auf Ministerebene seinen Abschluss finden. Zu hoffen ist, dass die Erkenntnisse mittelfristig in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, um den Pharmastandort Deutschland zu stärken. Denn nur gemeinsam mit der Industrie lässt sich die Arzneimittelversorgung für die Zukunft sichern und stärken.
Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen
Eine besondere Bedeutung für alle im Gesundheitswesen Tätigen stellt das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen dar, das in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Der Regierungsentwurf dazu sieht eine Bestrafung wegen Bestechlichkeit (§ 299a StGB) und Bestechung (§ 299b StGB) im Gesundheitswesen unter anderem mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. Neu ist zudem, dass die Strafbestände für alle Heilberufsträger gelten – also beispielsweise auch für Ärzte, Apotheker und Physiotherapeuten.
Der BAH begrüßt, dass mit dem neuen Gesetzentwurf für Rechtsklarheit und -sicherheit gesorgt werden soll, sieht jedoch noch Optimierungsbedarf. Der Verband wird das Gesetzgebungsverfahren begleiten und sich dafür einsetzen, dass das ursprüngliche Ziel – die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen – mit Bedacht und im Interesse von allen am Gesundheitsmarkt beteiligten Akteuren verfolgt wird.
4. AMG-ÄndG und Medizinprodukteverordnung
Ende des vergangenen Jahres legte das Bundesministerium für Gesundheit den Entwurf eines 4. AMG-ÄndG vor. Wenn auch die Änderungen größtenteils der Anpassung an das kürzlich aktualisierte EU-Recht im Bereich der Klinischen Prüfung dienen, wird der BAH die Vorschläge sorgfältig prüfen und kommentieren.
Der BAH setzt sich auch künftig für eine möglichst einheitliche und praxisgerechte Umsetzung der europäischen Regelungen sowie für angemessene Übergangsfristen ein. Weiterhin wird der Verband aufmerksam beobachten, ob im Gesetzgebungsverfahren noch neue Inhalte in das Gesetzespaket aufgenommen werden.
Auch im europäischen Medizinprodukterecht stehen wir vor tiefgreifenden Änderungen. Im Laufe dieses Jahres wird die neue Medizinprodukteverordnung verabschiedet. Diese wird die Medizinprodukte in der gesamten Europäischen Union neu regulieren. Der BAH vertritt hier insbesondere die Interessen der Hersteller stofflicher Medizinprodukte und macht sich für Regelungen stark, die dem Risikoprofil dieser bewährten Produkte angemessen sind und die die überwiegend mittelständischen Hersteller von Medizinprodukten nicht überfordern.
Demokratische Legitimation des G-BA
Für Aufsehen gesorgt hat ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 20. November 2015 (Az: 1 BvR 2056/12) zur demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichtes hatte eine Verfassungsbeschwerde als unzulässig abgewiesen. Grund der Verfassungsbeschwerde war, dass der G-BA ein Medizinprodukt, welches der Kläger zur Therapie seiner Erkrankung benötigte, als nicht verordnungsfähig klassifiziert hatte.
Trotz der abgewiesenen Verfassungsbeschwerde sieht das BVerfG „durchaus gewichtige generelle und allgemeine Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses“. Dies ist seit Jahrzehnten Gegenstand rechtswissenschaftlicher und gerichtlicher Kontroversen. Der Beschluss ist allerdings nicht geeignet, diese aufzulösen. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber nun Voraussetzungen schaffen wird, um den G-BA hinreichend demokratisch zu legitimieren.
Gesundheitsökonomischer Nutzen der Selbstmedikation
In der öffentlichen Diskussion wird – vor allem im Hinblick auf Arzneimittel – oftmals nur einseitig über die Kosten gesprochen. Dabei ist es dem BAH ein wichtiges Anliegen, den Wert und Nutzen von Arzneimitteln wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe würdigte anlässlich des Abendempfangs der BAH-Mitgliederversammlung im September 2015 in Berlin die wichtige Rolle der Arzneimittel-Hersteller und betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Selbstmedikation. Welchen Stellenwert diese in der Gesundheitsversorgung spielen kann, hat der BAH in einem Gutachten untersuchen lassen. Erste Ergebnisse zeigen deutlich einen gesundheitsökonomischen Nutzen der Selbstmedikation.
Erlauben Sie mir abschließend noch ein Wort in eigener Sache: Um den Wert von Arzneimitteln – seien es verschreibungsfreie oder verschreibungspflichtige – für die Gesundheitsversorgung noch wirksamer zu kommunizieren und die Interessen der Mitglieder besser vertreten zu können, hat der BAH im Dezember 2015 eine neue Geschäftsstelle im SpreeKarree in Berlin-Mitte bezogen. Damit sind die beiden Abteilungen GKV-Arzneimittelversorgung/Selbstmedikation sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unter der Leitung des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers Dr. Hermann Kortland nun in der Hauptstadt beheimatet. Dies ermöglicht kurze Wege und intensive Kontakte zu den relevanten gesundheitspolitischen Stakeholdern und den Medien. In der neuen Geschäftsstelle wird sich der BAH verstärkt für eine gute und sichere Arzneimittelversorgung im Sinne unserer Mitgliedsunternehmen, aber auch zum Wohle der Patienten, einsetzen.