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    Die Zusammenarbeit zwischen Pharmaindustrie und Fachkreisen in der Praxis

    Ein Praxishandbuch

    Buchbesprechungen

    K. Brixius, A. Maur, R. Ott. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart (2011). ISBN 978-3-8047-2896-7. 120 Seiten. Preis: € 58,00.

    Wo liegt die Grenze einer erlaubten Zuwendung? Was ist der Unterschied zwischen geringwertigen Kleinigkeiten und Gegenständen von geringem Wert, zwischen produktbezogenen Zuwendungen und sonstigen Werbegaben, zwischen Geschenken und berufsbezogenen Zuwendungen? In welchem Umfang darf der Anbieter von medizinischen Produkten Kosten für Reisen, Unterbringung und Bewirtung bei Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen übernehmen? Antworten auf diese Fragen finden sich schnell in diesem „Praxishandbuch“, verfasst von zwei Anwälten und einem Pharma-Manager.

    Die Geringwertigkeitsgrenze für Zuwendungen liegt bei etwa 5 Euro (Brixius/Mauer/Ott, aaO. S. 21), für eine angemessene Bewirtung bei etwa 60 Euro (dies. S. 54 f.) – „minima non curat praetor“. Die Rechtsprechung beschäftigen Luftballons, Fähnchen, Notizblöcke, Zettelkästen, Taschenkalender, Kundenzeitschriften, Bleistifte, Gummibälle, einfache Kalender, einfache Feuerzeuge, einfache Kugelschreiber und Zündholzbriefchen (dies. aaO.). Dergleichen Zuwendungen sind rechtlich zulässig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz, HWG). Abgelehnt wurden die Erstattung der Praxisgebühr, ein Buch über Durchblutungsstörungen, ein Blutzuckermessgerät und eine Videokamera (dies. aaO.).

    Die Regulierung der Zuwendungspraxis in der pharmazeutischen Industrie ist die Konsequenz des Herzklappenskandals (der bereits im August 1994 mit Durchsuchungen mehrerer Medizinproduktehersteller durch die Staatsanwaltschaft Wuppertal bekannt wurde, vgl. Dieners, Zusammenarbeit der Pharmaindustrie mit Ärzten, 2. Auflage 2007, Kap. 1 B Rn. 5, insbes. Fn. 3, wohingegen Brixius/Maur/Ott S. V den Skandal erst im Jahr 1997 fixieren). Sie dienen der Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen. Die gesetzlichen Regelungen erschienen nicht mehr ausreichend. Zur Beseitigung von Rechtsunsicherheiten, besonders im HWG, gründete die pharmazeutische Industrie im Jahr 2004 den „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.“ (FSA). Der Verein erließ einen Kodex, aus dem sich Verhaltensstandards zur Vorbeugung von Missbrauchsfällen ergeben sollten. Dieser fand in der Rechtsprechung jedoch nicht überall Anklang (vgl. Brixius/Maur/Ott S. 7). Die Rechtsunsicherheit besteht also nach wie vor.

    Die verfügbare Literatur hierzu halten die Autoren für „schwere Kost“ (vgl. Vorwort S. V), dem sie ihr 119seitiges Büchlein entgegenstellen (ohne Anlagen, Anmerkungen und Stichwortverzeichnis). Der Untertitel: „Praxishandbuch“ ist dabei allerdings zu hoch gegriffen. Darunter versteht man gemeinhin ein Nachschlagewerk, das den zu vermittelnden Wissensstoff annähernd vollständig umfasst. Das ist hier gewiss nicht der Fall. Im Besonderen beschränken die Autoren die Darstellung einschlägiger strafrechtlicher Vorschriften und die steuerrechtlichen Hinweise auf nur wenige Seiten, letzterenfalls wohl um das Verständnis von Nichtjuristen nicht zu erschweren (vgl. dies. aaO.). Dem Büchlein fehlt ein Literaturverzeichnis, das eine vertiefende Lektüre der maßgeblichen Werke anderer Autoren ermöglichte (etwa des genannten Standardwerks von Dieners, das ein ausführliches Literaturverzeichnis enthält, und neuerdings Lieb, Klemperer, Ludwig, Interessenkonflikte in der Medizin, erste Aufl. 2011). Bei dem „Praxishandbuch“ handelt es sich mehr um einen Leitfaden für die Zusammenarbeit zwischen Pharmaindustrie und „Fachkreisen“, zu denen die Autoren auch Referenten, Moderatoren, Berater und Gutachter zählen (Brixius/Maur/Ott S. 107). Ein Leitfaden würde dem Anliegen der Autoren, „einen Überblick zu verschaffen und zu sensibilisieren“ (Vorwort S. V) eher entsprechen. Schnelle Antworten auf einfache Fragen (siehe oben) bieten die Autoren allemal. Insoweit kann man es Praktikern, „Nichtjuristen“ im Verständnis der Autoren (Vorwort S. V), durchaus empfehlen.

    Dr. Martin Wesch, Stuttgart
    Originaldokument