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    Rechtsgutachten:

    Untätigkeitsklage im Widerspruchsverfahren

    Dr. Axel Sander, Geschäftsbereich Recht im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V., Karlstr. 21, D-60329 Frankfurt/Main

    § 27 AMG verleiht den Antragstellern im Zulassungsverfahren einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Entscheidung über den Zulassungsantrag nach einer Bearbeitungsfrist von 7 Monaten (BVerwG, Beschluß vom 28. April 1992, Az.: BVerwG 3 C 55.90, abgedr. bei Sander, § 27 AMG/Nr. 7, Entscheidungsband zum Arzneimittelrechtskommentar Kohlhammer Verlag; Denninger, ,,Rechtsstaat im [Antrags-]Stau”, Pharm. Ind. 51, 249 ff.; 1989).
    Wenn die Zulassung eines Arzneimittels versagt wird, legt § 75 VwGO für die Entscheidung über den gegen den Versagungsbescheid eingelegten Widerspruch eine angemessene Bearbeitungsfrist fest. Sie beträgt grundsätzlich 3 Monate, sofern die Behörde nicht darlegen kann, daß ein zureichender Grund dafür vorliegt, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden ist. Im Zulassungsverfahren und im Widerspruchsverfahren wurde die ,,untätige“ Zulassungsbehörde auch vom VG Berlin regelmäßig verurteilt, den klagenden pharmazeutischen Unternehmen innerhalb einer Frist von 3 Monaten zu bescheiden. Diese Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht in bezug auf Untätigkeit im Widerspruchsverfahren seit Oktober 1998 aufgegeben (Urt. im schriftl. Verf. v. Okt. 1998, Az.: VG 14A 474/97, rechtskräftig aufgrund Nichtzulassung der Berufung gern. OVG Berlin, Beschluß vom 19. Januar 1999, Az.: OVG 5 N 48.98). Nunmehr vertritt das Verwaltungsgericht die Auffassung, daß es grundsätzlich kein einklagbares subjektives Recht auf Erlaß eines Wider-spruchsbescheides gebe.
    Im Auftrag des BPI hat Prof. Dr. Erhard Denninger (Universität Frankfurt) mit dem nachstehend abgedruckten Rechtsgutachten ,,Zur Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage auf Erlaß eines Widerspruchsbeschei- des“ zu der in Urteil und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilten Frage Stellung genommen. Nach Ansicht des Gutachters ist zu differenzieren zwischen verwaltungsbehördlichen Entscheidungen mit und ohne Gestaltungsspielraum. Letzterer kann nur von der Verwaltungsbehörde, nicht aber vom Gericht ausgefüllt werden. Hierzu gehören Zulassungs- und Genehmigungsentscheidungen, weshalb der Gutachter bei diesen eine einklagbare Sachentscheidung der Behörde im Widerspruchsverfahren befürwortet. Diese sind meist mit Nebenbestimmungen versehen. Sie stellen Ermessensentscheidungen dar, die einen gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Entscheidungs-spielraum der Behörde eröffnen. Dies ist bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels regelmäßig der Fall.
    Dem stellt der Gutachter die Fallkonstellation gegenüber, daß aufgrund einer für den Kläger günstigen Ausgangsklage von vornherein nur eine bestimmte Entscheidung der Verwaltung möglich ist. Dann habe das Gericht sofort die Verpflichtung der Behörde auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt vorzunehmen. Diese Differenzierung hat das VG Berlin in dem eingangs erwähnten und im Anschluß an das Rechtsgutachten abgedruckten Urteil offensichtlich übersehen. Es bleibt zu hoffen, daß es seinen Standpunkt korrigiert und wieder zu der ursprünglichen Rechtsprechung zurückkehrt.

     

     




    © ECV- Editio Cantor Verlag (Germany) 1999

     

    pharmind 1999, Nr. 6, Seite 513