Buchbesprechungen
„There are no harmless substances, there are only harmless ways of using substances“. Dieses Zitat von L. J. Casarett im Vorwort zur 8. Auflage reflektiert die enorme Anzahl der Fremdstoffe, die grundsätzlich zu Vergiftungen führen können, andererseits aber selbst in einer so umfangreichen Monographie, wie sie der „Baselt“ zweifellos darstellt, auch nicht annähernd vollständig behandelt werden können. Dennoch wird man bei der Suche nach Informationen selbst über relativ seltene Giftstoffe kaum einmal im Stich gelassen. Dafür verantwortlich ist auch die ständige Aktualisierung dieses Standardwerkes. Die nun vorliegende 9. Auflage wurde gegenüber der 8. Auflage von 1720 auf 1877 Seiten erweitert und es wurden 280 Arzneistoffe oder Chemikalien neu aufgenommen. Dadurch erhöht sich die Gesamtzahl auf 1241 toxikologisch relevante Substanzen unterschiedlichster Herkunft.
Neu aufgenommen wurden beispielsweise die Antihypertensiva Aliskiren und Ambrisentan, der Opiod-Antagonist Alvimopan und das dem Modafinil, analoge Armodafinil, weiterhin die illegalen Drogen Bromodragonfly, Mephedrone, Methedrone, Methylone sowie eine Reihe von Spice-Substanzen. In der nächsten Auflage, die sicher nicht lange auf sich warten lässt, ist zweifellos auch Desomorphin enthalten, der Wirkstoff des aktuell diskutierten hochtoxischen Suchtstoffes „Krokodil“.
Eine für den analytischen Toxikologen besondere Herausforderung stellen die gleichfalls enthaltenen Wirkstoffe mit Peptidstruktur (wie alpha- und beta-Epoetin) dar, die auch als Dopingmittel missbraucht werden. Analoges gilt für Etanercept, Infliximab oder den Wachstumsfaktor IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1). Neu aufgenommen wurden schließlich auch die Sprengstoffe Cyclonite und Trinitrotoluol, weiterhin das neuerdings besonders umstrittene Bisphenol A sowie das bei erektiler Dysfunktion insbesondere in asiatischen Ländern eingesetzte Udenafil.
Besonders wertvoll ist das ebenfalls neue Einführungskapitel „Guidelines for the Interpretation of Analytical Toxicology Results“ von R. F. Flanagan (Kings College Hospital, London), das sich kritisch mit der Problematik einer isolierten Betrachtung und Anwendung analytischer oder anderer toxikologischer Daten auseinandersetzt. Dadurch wird der altbekannte Leitsatz „Treat the patient and not his level“ erneut bestätigt. Eine Liste von 24 Faktoren, die bei der kritischen Interpretation berücksichtigt werden sollen, stellt eine weitere valide Unterstützung dar.
Die Gestaltung der einzelnen Monographien folgt dem bewährten Muster: Strukturformel, wichtige pharmakokinetische Daten, Vorkommen und Gebrauchsformen, Blutkonzentrationen, Metabolismus und Ausscheidung, Toxizität, Analytik, Literatur (mit aktuellen Publikationen!).
Die 9. Auflage setzt ein klassisches Standardwerk der Toxikologie in Gestalt einer aktuellen Neubearbeitung und wesentlichen Erweiterung würdig fort. Wenn man die fünf wichtigsten toxikologischen Standardwerke benennen sollte, der „Baselt“ wäre zweifellos dabei.