Rubrik: Fachthemen
(Treffer aus pharmind, Nr. 01, Seite 1 (1999))
Steiner M
Eine Systemsicht für unternehmerisches Handeln in der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung / 1. Mitt / Steiner M
Eine Systemsicht für unternehmerisches Handeln in der pharmazeutischen
Forschung und Entwicklung
1. Mitteilung
Dr. Nikolas Vrettos und Dr. Michael Steiner, The Boston
Consulting Group GmbH & Partner, Düsseldorf und München
,,Auf dem Gebiet der Forschung kann nur derjenige
Chancen nutzen, der darauf auch vorbereitet ist (Louis Pasteur)
Innovation wird häufig als Ergebnis von Intuition,
Kreativität und glücklichem Zufall angesehen. Ein weit verbreitetes Rezept
lautet deshalb: Man starte eine Vielzahl von Projekten, stelle entsprechende
Personen dafür ab und schaffe ein Klima minimaler Kontrolle. Auch wenn
ein Teil der Projekte fehlschlägt, wird es so genug Projekte geben, die
als gute Forschung und Entwicklung bezeichnet werden können -Prinzip Hoffnung.
Dieser Führungsstil war in den 50er und 60er Jahren durchaus erfolgreich,
als die Möglichkeiten für Innovationen grenzenlos schienen, als neue Produkte
problemlos entwickelt werden konnten und sich der Markterfolg verhältnismäßig
leicht vorhersagen ließ. Jeder, der heute mit technologiebasierten Produkten
zu tun hat, weiß jedoch, daß sich die Zeiten geändert haben und Veränderungen
immer schneller eintreten. Angesichts rasanter technologischer Fortschritte
scheint es, daß Intuition, Kreativität und Zufall für das Management jenseits
der Kontrolle liegen. Dies ist jedoch keineswegs der Fall, wie die Beispiele
einiger erfolgreicher Unternehmen zeigen. Aber was machen diese Unternehmen
konkret anders?
Vereinfacht könnte man sagen, sie haben sich und ihre Mitarbeiter auf
alle Eventualitäten vorbereitet. Dabei steht es außer Frage, daß bei der
Entwicklung innovativer Produkte auch ein gewisses Glück mit im Spiele
ist, aber ein Unternehmen muß darauf vorbereitet sein, auf unerwartete
Entwicklungen zu reagieren. Innovation kann nicht erzwungen werden, doch
sie kann durch die entsprechenden organisatorischen Voraussetzungen und
geschicktes Management begünstigt werden. Der vorliegende Artikel soll
zeigen, wie ein Systemansatz helfen kann, sich auf mögliche Veränderungen
vorzubereiten. Die meisten Elemente eines Systemansatzes sind für den
Bereich Forschung und Entwicklung nicht neu, doch ihre konsequente Anwendung
ist neu. Systemdenken ist eine Möglichkeit, eine Situation zu verstehen,
nicht jedoch ein Problem zu lösen. Ein Systemansatz kann jedoch dabei
helfen, ein Problem an der richtigen Stelle anzugehen, indem man es gleichzeitig
auf drei Ebenen betrachtet: Ereignisse, Trends und Muster und Strukturen.
Die Ereignisse sind sozusagen die Spitze des Eisbergs, Trends und Muster
liegen noch oberhalb der Wasseroberfläche, aber die Strukturen sind die
eigentliche treibende Kraft, die in der Tiefe verborgen ist. Die Strukturen
zu verstehen ist das, worauf es ankommt.
Viele Unternehmen nutzen Teile eines Systemansatzes, ohne daß es ihnen
gelingt, davon deutlich zu profitieren, weil sie Zusammenhänge nicht erkennen
und nicht dementsprechend handeln. Die Fachliteratur beschäftigt sich
bisher nur mit Teilen eines solchen Ansatzes, ohne jedoch den Gesamtzusammenhang
zu sehen. Ziel und Zweck des vorliegenden Artikels ist es, ein Rahmenwerk
zu schaffen, das die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Implementierung
eines Systemansatzes erhöht, und verschiedene Formen des Systemansatzes
vorzustellen, die in der Forschung und Entwicklung relativ neu sind oder
selten angewandt werden:
Eine neue Struktur für die F&E-Organisation
Ein eng gesteuertes technologiegetriebenes Forschungsprogramm,
das Forschern erhebliche Freiräume gewährt
Die Quantifizierung des Potentials einzelner Projekte
sowie des gesamten F&E-Portfolios
Ein synchronisierter Prozeß der Entscheidungsfindung
und -umsetzung.
© ECV- Editio Cantor Verlag (Germany) 1999